Wenn Kollegen zu weit gehen – Ihre Rechte bei (sexueller) Belästigung am Arbeitsplatz

Datum17. November 2025

KategorieArbeits- und Sozialrecht

Wenn Kollegen Grenzen überschreiten – Ihre Rechte bei (sexueller) Belästigung am Arbeitsplatz

Wenn Kollegen Grenzen überschreiten – Ihre Rechte bei (sexueller) Belästigung am Arbeitsplatz

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Ein respektvoller Umgang am Arbeitsplatz sollte eigentlich selbstverständlich sein. Trotzdem ist auch heute noch häufig das Gegenteil der Fall. Unsittliche Berührungen, zweideutige Anspielungen oder unangemessene Textnachrichten stehen bedauerlicherweise für viele Frauen auch noch im Jahr 2025 auf der Tagesordnung. Klarerweise müssen solche Verhaltensweisen nicht toleriert werden. Welche rechtlichen Schritte den Betroffenen zur Verfügung stehen klärt der folgende Blogbeitrag.

Strafrechtliche Perspektive

Bei bestimmten Handlungen kann es durchaus der Fall sein, dass diese strafrechtlich relevant sind und einen Tatbestand des StGB (Strafgesetzbuch) erfüllen. Die für das Arbeitsleben wohl quantitativ bedeutendste Bestimmung ist § 218 Abs 1a, 1b StGB (sexuelle Belästigung). So-fern es sich bei der belästigten Person um eine Minderjährige handelt, kann außerdem § 212 iVm 218 StGB (3) einschlägig sein, der sexuelle Belästigung unter Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses (unter anderem Ausbildungsverhältnis) sanktioniert. 

§ 218 Abs 1a StGB betrifft intensive Berührungen einer der Geschlechtssphäre zuzuordnen-den Körperstelle, die diese in ihrer Würde verletzen. Durch diese Bestimmung beabsichtigte der Gesetzgeber in erster Linie das „Po-Grapschen“ strafrechtlich zu sanktionieren.

Der in den Medien als „Dickpic Paragraf“ bezeichnete § 218 Abs 1b StGB stellt das Versenden von Bildaufnahmen, die wesentlich menschliche Genitalien zeigen, von vergleichbaren bearbeiteten Bildaufnahmen und von vergleichbarem, künstlich erstelltem Material unter Strafe. Damit soll, der Bezeichnung in den Medien entsprechend, das Versenden von „Dickpics“ strafrechtlich geahndet werden. 

Zu beachten ist, dass es sich bei den Tatbeständen des § 218 StGB nicht um Offizialdelikte, sondern um Ermächtigungsdelikte handelt. Das bedeutet, dass die strafrechtliche Verfolgung des Täters nur aufgenommen werden darf, wenn das Opfer dem ausdrücklich zustimmt.

Die Bestimmungen des GlBG

Neben den strafrechtlichen Bestimmungen des StGB sieht das auch GlBG (Gleichbehand-lungsgesetz) Möglichkeiten vor, sich gegen unangemessenes Verhalten am Arbeitsplatz zu wehren. § 6 GlBG erfasst Diskriminierung durch sexuelle Belästigung, § 7 GlBG Diskriminierung aufgrund geschlechtsbezogener Verhaltensweisen ohne Bezug auf die sexuelle Sphäre.

Die wesentlichen Unterschiede im Vergleich zu den strafrechtlichen Normen sind Folgende:

Zunächst ist der Begriff der sexuellen Belästigung nach dem GlBG extensiver zu interpretieren als jener der strafrechtlichen sexuellen Belästigung. Nach dem GlBG sind darunter alle bewussten sexuellen Verhaltensweisen zu subsumieren, die zu einer Beeinträchtigung der Würde führen, für die Betroffene unerwünscht sind und die Schaffung eines negativen Arbeitsumfelds oder eine Karrierebehinderung bewirken. Folglich können auch non-verbale Äußerungen (Gesten, Blicke wie hartnäckiges Starren auf bestimmte Körperteile etc.) oder E-Mails, WhatsApp-Nachrichten oder Fotos den Tatbestand verwirklichen.

Außerdem kann die Belästigte sowohl von ihrem Belästiger als auch von ihrem Arbeitgeber (beispielsweise wenn ein ebenfalls angestellter Arbeitskollege Belästiger ist) Schadenersatz fordern. Vom Arbeitgeber ist dies nur möglich, wenn dieser es schuldhaft unterlässt, im Falle von geschlechtsbezogener Belästigung nach § 7 GlBG oder sexueller Belästigung nach § 6 GlBG angemessene Abhilfe zu schaffen. Sofern der Arbeitgeber selbst der Belästiger ist, kann er selbstverständlich auch direkt als Belästiger in Anspruch genommen werden.

Die Rechtsfolgen von Verstößen regelt § 12 Abs 11 GlBG: Der Mindestschadenersatz liegt da-bei bei einer erlittenen persönlichen Beeinträchtigung bei EUR 1.000,00. Zur erfolgreichen Geltendmachung dieses Anspruches hat die Belästigte den jeweiligen Diskriminierungstatbestand (§ 6 oder § 7 GlBG) glaubhaft zu machen.

Fazit

Bei sexueller oder geschlechtsbezogener Belästigung nach dem GlBG reichen bereits Verhaltensweisen aus, die strafrechtlich keine Bedeutung haben. Außerdem können Ansprüche gegen verschiedene Personen geltend gemacht und Schadenersatz bereits gefordert werden, wenn keine strafrechtlich relevanten Handlungen erfolgt sind.


Die Lorenz & Strobl Rechtsanwälte GmbH ist unter anderem auf Arbeitsrecht spezialisiert und vertritt laufend Opfer in Strafverfahren. Gerne helfen wir Ihnen bei der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen nach §§ 6, 7 GlBG und begleiten Sie in allfälligen Strafverfahren.

Über den Autor

2022 Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte der Tiroler Rechtsanwaltskammer. Seit 2018 ehrenamtliche Tätigkeit für den Weissen Ring, seit 2022 Landesleiterin Stellvertreterin des Weissen Ring in Tirol. Seit 2022 geschäftsführende Gesellschafterin der Lorenz & Strobl Rechtsanwälte GmbH

Martina Thrainer

Martina Thrainer
Partnerin

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